Wie können digitale Medien jungen Menschen helfen, sich dem Thema „Oper“ zu nähern?

Foto: Festspielhaus Baden Baden

Mit dem mehrstufigen Musiktheaterprojekt „Diggin‘ Opera“ sucht das Festspielhaus Baden-Baden bereits in der zweiten Spielzeit nach Antworten auf die Frage, inwiefern digitale Medien jungen Menschen helfen können, sich für das Thema Oper zu erwärmen.

In der ersten Stufe haben Schülerinnen und Schüler von drei unterschiedlichen Schulen in Baden-Baden eine Oper kreiert, bei der digitale Medien in die Aufführung integriert wurden. „Die Aufführung bewegte 2019 alle Beteiligte wie auch die Zuschauer im Festspielhaus und bewies, wie tief sich junge Menschen in das Thema Musiktheater ‚hineingraben‘ können, wenn sie die Bühne und das Werk selbst erfahren und darauf Einfluss nehmen können,“ berichtet Dr. Dany Weyer, Leiter der Abteilung Partizipation am Festspielhaus Baden-Baden.

In der zweiten Phase des Projekts sollte noch stärker untersucht werden, inwiefern digitale Medien das Thema „Oper“ jungen Menschen nahebringen kann. Dazu haben Schülerinnen und Schüler des Offenburger Oken-Gymnasiums (Lehrerin: Rebecca Tüttelmann) sowie der irischen Limerick Educate Together Secondary School (Lehrerin: Norma Lowney) in den vergangenen Monaten gemeinsam mit dem Festspielhaus Baden-Baden und verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern eine Oper im Internet entwickelt.

Bezug zur momentanen Lebenswirklichkeiten der Jugendlichen

Den kreativen Impuls für ihre gemeinsame Arbeit fanden die Schülerinnen und Schüler im Gedicht „The Second Coming“ des irischen Dichters William Butler Yeats. Darauf aufbauend entwickelten sie mit dem Künstler-Team thematische, musikalische und szenische Ideen in Bezug auf die eigene, momentanen Lebenswirklichkeiten.

„Things fall apart – wenn die Welt aus den Fugen ist, sicher geglaubte Wahrheiten nicht mehr stimmen und wenn Strukturen und Autoritäten, die sonst Halt versprachen, unter Last zerbröseln… was macht das mit uns, unseren Familien, mit unserer Gesellschaft?“, fragt‚ “CyberRäuber“ Björn Lengers und schreibt weiter: „Der irische Dichter W. B. Yeats beschreibt 1919, noch unter dem Eindruck des eben vergangenen Weltkriegs und inmitten einer weltweiten Pandemie, im Gedicht ‚The Second Coming‘ das sich anbahnende Unheil einer Welt, die in Auflösung begriffen ist.“

Cyber-Raum als kreativer Treffpunkt

Die Internationalisierung des Projekts erforderte von Anfang an den Einsatz digitaler Techniken, da sich die Schüler im Schulalltag nicht so einfach für Proben treffen konnten. Mit Ausbruch der Corona-Pandemie wurde das gemeinsame digitale Arbeiten dann zur einzigen Möglichkeit, miteinander in Kontakt zu bleiben.

Die Einbeziehung der Festspielhaus-Bühne in die Aufführung des Werkes konnte nun ebenfalls nur indirekt gelingen. Bei der Uraufführung des Stückes „Things fall apart“ werden hier die Profi-Musikerinnen und Musiker singen und spielen, alle Schülerinnen und Schüler sind aus ihren privaten Räumen zugeschaltet. Einzelne Elemente (Musik, Gesang, Choreographie, Bühneneffekte) entstehen in der Live-Inszenierung in Echtzeit, andere wurden in den wöchentlichen Proben vorab aufgezeichnet. Die Oper fügt sich im Cyber-Raum zusammen und kann dort vom Publikum angesehen und angehört werden.

Auf „Augenhöhe“ mit professionellen Künstlerinnen und Künstlern

Wie häufig in den Musiktheaterprojekten des Festspielhauses Baden-Baden für junge Menschen wird den Schülerinnen und Schülern Verantwortung für ihr künstlerisches Tun übertragen. Die Zusammenarbeit mit professionellen Künstlerinnen und Künstlern soll auf „Augenhöhe“ geschehen. „Die Möglichkeit, trotz der Reisebeschränkungen und der Isolation in der Pandemie eine gemeinsame Ästhetik zu finden, zeugt vom Signalcharakter dieses europäischen Jugend- und Kulturprojekts“, sagt Dr. Dany Weyer. Die Einbindung zukunftsweisender Techniken eröffnet die Möglichkeit, neue Chancen der künstlerischen Arbeit näher zu beleuchten. Mit Hilfe von Virtual Reality-Brillen und Programmen für virtuelle Realität wurden 3D-Objekte und Skulpturen erstellt, die als Bühnenbild, Kostüm oder Requisite genutzt werden.

Die Künstlerische Leitung liegt bei den „CyberRäubern“ Björn Lengers und Marcel Karnapke, sowie beim Regisseur und Theaterpädagogen Rob Doornbos. Der Musiker und Komponist Micha Kaplan komponierte die Musik zu „Things fall apart“ und studierte die Chorparts zusammen mit Rebecca Tüttelmann und den Offenburger Schülerinnen und Schülern ein. Neben den Schülerinnen und Schülern zählen die Sopranistin Dana Marbach, die Cellistin Tom Kellner und die Hornistin Merav Goldman zum Ensemble des Projekts.

Gefördert wird das Bildungsprojekt von der felicitas und werner egerland stiftung.

Die Uraufführung von „Things fall apart“ findet am Sonntag, 25. April 2021 um 18 Uhr statt und ist über die Website des Festspielhauses Baden-Baden – www.festspielhaus.de live, weltweit und kostenlos zu erleben. Weitere Informationen unter www.festspielhaus.de